Ausgabe vom Samstag, 6. Mai 2023
Innsbruck (OTS) – Dass für Royalisten heute ein Festtag ist, ist nachvollziehbar und unbestritten. Doch die Krönung von König Charles III. hat auch für Republikaner eine Art von Anziehungskraft. Die Monarchie, ein Faszinosum.
Das Begräbnis von Queen Elizabeth II. wurde zu einem weltumspannenden medialen Ereignis. Die Anteilnahme am Tod der beliebten Monarchin war gigantisch. Heute nun wird ihrem erstgeborenen Sohn, dem neuen König Charles III., die Krone aufgesetzt. Und wieder wird die Welt Pate stehen. Die Monarchie ist und bleibt ein Faszinosum.
Doch woher rührt der regelrechte Hype um Königinnen und Könige, um Kaiserinnen und Kaiser? Man darf und muss wohl davon ausgehen, dass der Schein der imperialen Welt auch für überzeugte Republikanerinnen und Republikaner auf der Insel und auf dem Festland Anziehung auslöst. Vieles spricht dafür, dass die Monarchie eine Parallelwelt darstellt zum Alltag. Nicht nur auf der Insel. Für die einen bietet die Monarchie Abwechslung von der Tristesse der Gegenwart, für einen ebenso großen Teil stellt der Pomp des britischen Königshauses schlichtweg eine enorme Attraktion dar. Da kommt schon einmal der Gefühlshaushalt durcheinander.
Wie reagieren heute die Kinder des Königs, was macht Camilla für eine Figur? Man erinnert sich an Diana – und irgendwie ist man für einen Moment Teil der Königsfamilie. Da spielt dann ein gehörig Maß an Verklärung eine Rolle. Die Sehnsucht nach der vermeintlich besseren Welt von gestern. Da wird die Tyrannei im Namen der Krone ebenso ausgeklammert wie die von ihr zu verantwortenden Kriege, Unterdrückung und Ausbeutung der Massen. Es ist der Glanz, der regiert. Nicht nur heute in London. Auch Österreich besinnt sich gerne auf die große Tradition des Habsburgerreiches, auch wenn jenes nach dem Ersten Weltkrieg untergegangen ist.
Hierzulande wurde der 1. April 1989 zu einem Staatsereignis. Zita von Bourbon-Parma, Österreichs letzte Kaiserin, wurde in der Kapuzinergruft bestattet. Es gibt offensichtlich eine emotionale Bindung und ein Faible für nostalgische Traditionen.
Wer durch das Zentrum der alten Residenzstadt schlendert, kann sich der imperialen Welt kaum entziehen. Schloss Schönbrunn wird täglich von Touristen und Touristinnen aus aller Welt regelrecht besetzt, neue Filmproduktionen über das Leben der Sisi füllen Kinosäle. Nein, zumindest daraus soll man keine Krise der Republik und der Demokratie ablesen. Die droht von anderswo, hier gilt es achtsam zu sein. Was die Welt heute mit der Krönung von Charles III. erlebt, ist vielmehr Ausdruck einer Ambivalenz, in der wir leben, die in uns allen lebt. Selbst wenn uns diese verlogene Welt von heute abstoßen sollte, zieht sie uns in ihren Bann. Die Monarchie, ein Faszinosum.
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